BayernUp2Date 0047

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Apophänie – zugegeben: auch wir mussten das Wort nachschlagen – ist die Neigung, Muster zu erkennen, wo gar keine sind. Und dann irgendwelche wilden Zusammenhänge herbeizufantasieren. Ende des 18. Jahrhunderts vermaß man den Schädel und schloss von den Knochen auf den Charakter. Phrenologie hieß das, noch so ein Nachschlagewort. Heute soll künstliche Intelligenz am Gesicht und an der Stimme erkennen, ob jemand vertrauenswürdig ist oder unbeobachtet das Tafelsilber mitgehen lässt. Oder einschätzen, wie sie oder er gerade drauf ist. Das ist zwar derselbe Unsinn wie seinerzeit die Schädelanalyse. Doch es kommt immer mehr in Mode, zum Beispiel in Personalabteilungen.

Geht gar nicht, findet

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Redaktion von BayernUp2Date

 

Inhalt:
+ Überall KI
+ Auf den Hintergrund kommt es an
+ Gefühle zeigen
+ Echt jetzt?
+ Termine
+
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Überall KI
Künstliche Intelligenz, also KI, ist allgegenwärtig. Nicht dass sie besonders schlau wäre. Schlau sind die, die mit ihr Geschäfte machen. Erfinde etwas, schreib KI drauf – und schon fließen Forschungs- oder Investorengelder. So kommt es, dass immer mehr Startups ausprobieren, was sich mit Gesichtserkennungssoftware anstellen lässt. Eine Person anhand ihres Gesichts zu identifizieren scheint da noch die leichteste Übung. Selbst die geht zwar gerne mal schief. Das hindert hoffnungsvolle Unternehmer*innen jedoch nicht daran, sich und erst recht der Kundschaft von einer KI wahre Wunderdinge zu versprechen. So soll sie nicht nur Gefühle erkennen, sondern auch den Charakter. Bewerbungsgespräche würden mit KI fairer. Anders als der herkömmliche Personalchef sei sie schließlich nicht voreingenommen.

 
Auf den Hintergrund kommt es an
Ein Experiment des Bayerischen Rundfunks hat gezeigt, was von solchen Erwartungen zu halten ist. Bewerbungsgespräche sollen mit der Software eines Münchner Startups fairer und objektiver sein. Schneller sowieso. „Laut Angaben der Entwickler der Software analysiert die Künstliche Intelligenz Stimme, Sprache, Gestik und Mimik und erstellt so ein verhaltensbasiertes Persönlichkeitsprofil“, heißt es dazu auf der Website des BR. Eine Schauspielerin spricht immer denselben Text. Trägt sie dabei eine Brille, hält die Software sie für weniger diszipliniert. Mit Kopftuch ist sie plötzlich innovativer, pflichtbewusster und erheblich belastbarer. Noch krasser ist der Unterschied, wenn der Hintergrund verändert wird: einfach ein Bild aufhängen oder ein Bücherregal zeigen, und schon ist der Proband viel weniger konventionell und deutlich energischer.
 
Gefühle zeigen
Forscher*innen in Bamberg und Erlangen arbeiten an Robotern, die am Gesicht erkennen, ob jemand Schmerzen hat. Mit denen sollen dann zum Beispiel autistische Kinder lernen, was andere fühlen. Das funktioniere bereits, schreiben die Nürnberger Nachrichten. Für schmerzverzerrte Gesichter mag das stimmen. Aber bei den Emotionen, die Psycholog*innen für Charakteranalysen verwenden? Auf einer Website der Uni Cambridge können Sie testen, was von emotionserkennender Software zu halten ist. Verziehen Sie vor der Kamera das Gesicht – Mundwinkel rauf, Mundwinkel runter, Stirn runzeln, blinzeln –, berechnet die Software, ob Sie glücklich oder traurig sind, ängstlich oder überrascht, angeekelt oder wütend. Sie werden sehen: Das System lässt sich mühelos überlisten. In den USA hilft derartige Technik schon bei der Auswahl von Bewerber*innen. Kein angenehmer Gedanke, dass sie auch bei uns über Lebenschancen entscheiden könnte.
 
Echt jetzt?
Für beinahe jede Lebenslage gibt es heute eine Maschine. Die Interaktionsdesignerin Michal Luria hat nun einen sozialen Roboter für negative Gefühle erfunden. Niemand braucht mehr ins Kopfkissen zu beißen oder Omas schöne alte Suppenterrine zu zerdeppern. An Lurias „kathartischen Objekten“ kann man sich abreagieren, ohne wirklich etwas kaputt zu machen. Man sticht mit langen Nadeln in eine Art Kissen, beschimpft eine Glühlampe oder schlägt eine Puppe. Wenn es hilft …
 

Termine

  • Freitag 30. April 2021, 10-14 Uhr, im Netz: „QAnon und Co: Digitale Parallelwelten und Gefahren für Sicherheit & Polizei“. Tagung der Bundeszentrale für politische Bildung. Infos und Anmeldung
  • Montag 3. Mai 2021, 14-19 Uhr, im Netz: „Frauen* und Künstliche Intelligenz – Geschlechterpolitische Veränderungen durch neue Technologien“. Infos und Anmeldung
  • Mittwoch 5. Mai 2021, 17 Uhr: „Die Mensch-Roboter-Kollaboration der Zukunft“, ein ‚virtuelles Live-Event‘ des bidt. Infos und Anmeldung
  • Mittwoch 19. Mai, 14 Uhr, im Netz: „Digitaler Nachlass: Spuren im Netz, Spuren für die Ewigkeit?“ Veranstaltung des Digital-Kompass der BAGSO. Infos
  • Donnerstag 20. bis Samstag 22. Mai 2021, im Netz: „re.publica“. Infos und Tickets
  • Dienstag 25. Mai, im Netz: „3 Jahre DSGVO“. Datentag der Stiftung Datenschutz. Infos
  • Montag 14. bis Freitag 18. Juni 2021, Bielefeld: „Big Data, Big Money Kapital und Arbeit im digitalen Kapitalismus“. Infos und Anmeldung
  • Freitag 18. Juni 2021, 9 Uhr bis 18 Uhr: „Digitaltag 2021“. Infos
  • Donnerstag 24. Juni 2021, im Netz: „Erinnern mit Games“, Konferenz zur Aufarbeitung der NS-Diktatur mit digitalen Spielen. Infos
  • Donnerstag 24. Juni 2021, 9 Uhr bis 13 Uhr: „Gute Arbeit mit und durch Digitalisierung“ Seminar für Betriebsräte nach §37.6 Abs. 6 BetrVG. Infos

Ihre Hinweise auf Veranstaltungen zur Digitalisierung greifen wir gerne auf. Bitte per E-Mail an die Redaktion.
 

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